Georg Trakl . Gedenken in Innsbruck

Welche Verbindung hatte der 1914 verstorbene Salzburger Schriftsteller zu Tirol und Innsbruck und was davon besteht noch heute weiter?

 

 

Eine Liebhaberin der lyrischen Werke Trakl`s erzählt von ihrer ganz persönlichen Verbindung:

 

„Normalerweise zieht es mich an trüben Novembertagen zum Grab von Georg Trakl. Ich sitze dann auf der wettergeschützten grünen Bank vor dem Eingang der Kapelle, sein Grab gleich nebenan rechts von mir wissend, und schlage meinem Liebsten, der mich begleitet, verschiedene Überschriften der Gedichte von der Suchmaschine am Handy vor.

Heute bin ich an einem sonnigen Frühlingstag dort und entscheide mich deshalb für ein Frühlingsgedicht. Frühling und Sonne, das klingt nach Zufriedenheit und purem Glück. Aber da hat man die Rechnung ohne Trakl gemacht.

Trakl tröstet mich, denn ich fühle mich in guter Gesellschaft, wenn sich auch bei Sonnenschein und ankündigender Blüte das Gefühl von Abschied einschleicht.“

von Petra Obernosterer-Heis

 

 

     

©POH

 

Frühling der Seele

 

Aufschrei im Schlaf; durch schwarze Gassen stürzt der Wind,
Das Blau des Frühlings winkt durch brechendes Geäst,
Purpurner Nachttau und es erlöschen rings die Sterne.
Grünlich dämmert der Fluß, silbern die alten Alleen
Und die Türme der Stadt. O sanfte Trunkenheit
Im gleitenden Kahn und die dunklen Rufe der Amsel
In kindlichen Gärten. Schon lichtet sich der rosige Flor.

Feierlich rauschen die Wasser. O die feuchten Schatten der Au,
Das schreitende Tier; Grünendes, Blütengezweig
Rührt die kristallene Stirne; schimmernder Schaukelkahn.
Leise tönt die Sonne im Rosengewölk am Hügel.
Groß ist die Stille des Tannenwalds, die ernsten Schatten am Fluß.

Reinheit! Reinheit! Wo sind die furchtbaren Pfade des Todes,
Des grauen steinernen Schweigens, die Felsen der Nacht
Und die friedlosen Schatten? Strahlender Sonnenabgrund.

Schwester, da ich dich fand an einsamer Lichtung
Des Waldes und Mittag war und groß das Schweigen des Tiers;
Weiße unter wilder Eiche, und es blühte silbern der Dorn.
Gewaltiges Sterben und die singende Flamme im Herzen.

Dunkler umfließen die Wasser die schönen Spiele der Fische.
Stunde der Trauer, Schweigender Anblick der Sonne;
Es ist die Seele ein Fremdes auf Erden. Geistlich dämmert
Bläue über dem verhauenen Wald und es läutet
Lange eine dunkle Glocke im Dorf; friedlich Geleit.
Stille blüht die Myrthe über den weißen Lidern des Toten.

Leise tönen die Wasser im sinkenden Nachmittag
Und es grünet dunkler die Wildnis am Ufer, Freude im rosigen Wind;
Der sanfte Gesang des Bruders am Abendhügel.

 

 

Als Ludwig von Ficker den studierten Apotheker Georg Trakl 1912 unter seine Fittiche nahm und in Innsbruck in sein Zuhause einlud, kämpfte Trakl bereits mit Drogensucht, Depressionen und Geldproblemen.

 

Der Förderer und Herausgeber des „Brenner“ veröffentlichte immer wieder Gedichte von Trakl und unterstütze ihn finanziell.

 

Bereits im Jahr 1914 trieb der Schrecken des 1. Weltkrieges den Schriftsteller in seinem 27 Lebensjahr in den Freitod.

Die grausigen Erfahrungen der ersten Schlacht und die Hilflosigkeit aufgrund mangelnder Ausrüstung konnte der Sanitätsoffizier nicht vergessen.  Nach dem ersten Selbstmordversuch wurde dieser im Krakauer Militärspital unter Beobachtung gestellt und verstarb dort wenig später an einer Überdosis Kokain.

 

Sein Leichnam  wurde in Krakau bestattet.

Aufgrund der Bemühungen seines Freundes Ludwig von Ficker und der Unterstützung durch Trakls Familie, viele Leser und Freunde des Verstorbenen gelang es die sterblichen Überreste 11 Jahre später letzten Endes nach Innsbruck zu überführen und dort am „Neuen Friedhof Mühlau“  zur letzten Ruhe zu betten.

 

L. von Ficker nahm sich Trakls lyrischem Erbe an und förderte sein Vermächtnis. Ab 1945 fanden seine Werke breite öffentliche Beachtung.

 

 

Aktuell sind ca. 60 Gedichte online einsehbar.

 

Über die Seite der Universität Innsbruck gelangt man auf eine gut verlinkte Sammlung aller im „Brenner“ veröffentlichten Werke:

 

https://www.uibk.ac.at/georg-trakl/

Georg Trakl / Brenner-Drucke (textkritik.de)

 

Die Innsbrucker Trakl Ausgabe, eine Sammlung sämtliche Werke und Briefwechsel des Schriftstellers in Buchform, wird hier beworben und wäre wohl das perfekte Geburtstagsgeschenk für Trakl-Liebhaber.

 

(danke an Gerhard Steinlechner!)

 

Hier drei weitere Onlineseiten zum Nachstöbern und Lesen:

 

Georg Trakl — Gedichte (gedichte7.de)

Georg Trakl – Gedichte (zgedichte.de)

Gedichte abi-pur.de (abipur.de)

 

 

Der Traklpark wurde 1958 eröffnet und befindet sich am Nordufer des Inn im Bereich der Mühlauer Brücke in Innsbruck. Schöne alte Baumgruppen, verspielte Grünflächen, ein Spielplatz und Wegeführungen mit Sitzbänken laden trotz der exponierten Lage entlang der stark befahrenen Hallerstraße zum verweilen ein. Eine Betonskulptur in Form einer Schildkröte von Erich Keber aus dem Jahr 1959 wacht seither über diese Parkanlage.

 

©cjas

 

Trakl soll viel Zeit an diesem Ort am Inn verbracht haben. Eine Gedenktafel mit der Aufschrift „Gottes Schweigen trank ich aus dem Brunnen des Hains. Georg Trakl“ erinnert an den Namensgeber und Poeten.

 

     

©cjas

 

 

 

 

 

 

Der Text und die Fotos in diesem Beitrag sind urheberrechtlich geschützt und stammen von Claudia J.A. Lechner (©cjas) und Petra Obernosterer-Heis (©POH)


Kommentare

2 Antworten zu „Georg Trakl . Gedenken in Innsbruck“

  1. Avatar von Cornelia

    Oh diese düsteren Metaphern… super!

  2. Avatar von Gerhard Steinlechner
    Gerhard Steinlechner

    https://www.uibk.ac.at/de/brenner-archiv/forschung/1997-2022/georg-trakl/

    Das wäre auch noch ein wichtiger Link.

    110 Jahre wird es am 3. November, dass Trakl sich in andere Gefilde begeben hat.
    Und -als alter Fan von ihm- eines meiner Lieblingsgedichte von G.T.:

    O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
    An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren,
    Aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
    Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
    O, das versunkene Läuten der Abendglocken.

    Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
    Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne der Besessenen,
    Purpurne Seuche, Hunger, der grüne Augen zerbricht.
    O, das gräßliche Lachen des Golds.

    Aber stille blutet in dunkler Höhle stummere Menschheit,
    Fügt aus harten Metallen das erlösende Haupt.

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