Bettina Egger . Comics aus Tirol

Comic Klassiker, wie die Mickey Mouse, Donald Duck, Batman, Asterix und Obelix, sowie Tim und Struppi und viele mehr haben die Welt ein großes Stück lustiger und fantastischer gemacht.

 

Bettina Egger kam als Kind während der Familienurlaube in Frankreich in Kontakt mit der Welt der französischen Comics und war von Anfang an begeistert von diesem Genre.

 

Fürs Zeichnen und Erzählen von Geschichten hatte sie immer schon eine Begabung gehabt. Nach dem Abschluss der Matura entschied sich die abenteuerlustige Tirolerin daher nach Frankreich zu ziehen, um Bildende Künste und die russische Sprache zu studieren. Die Städte Besançon, Rennes und Nancy waren ihre Lebensmittelpunkte in dieser Zeit der Ausbildung und des Sammelns von Erfahrungen.

 

Vorerst startete sie mit dem Studienzweig Druckgrafik und erlernte die Techniken des Hochdrucks wie den Linolschnitt und Holzschnitt sowie das Tiefdruckverfahren in Form von Radierungen auf Metall.

Bald jedoch fand sie sich erneut in der Welt der erzählerischen Zeichenkunst wieder und begann damit von den französischen Vorbildern zu lernen und ihren eigenen Stil zu entwickeln. Sie arbeitete in Comicstudios und knüpfte Kontakte zur hiesigen Szene.

 

Im Gegensatz zu animierten Zeichentrickfilmen oder Animes kann ein Comic auch von nur einer einzelnen Person entwickelt und umgesetzt werden.

 

Das dafür notwendige und umfangreiche Gesamtpaket umfasst das Ausdenken der Geschichte und das Recherchieren und Sammeln von Hintergrundinformationen, die Erstellung der Zeichnungen, sowie das Schreiben der Texte, welche zwar reduziert, aber auf den Punkt gebracht werden müssen.

 

Seit einigen Jahrzehnten hat sich die neue Kategorie der „Graphic Novel“ in der westlichen Welt etabliert und zeigt auf, dass viel künstlerischer Ausdruck hinter dem Begriff „Comic“ stecken kann. Dieser Titel bezieht sich auf die Umsetzung einer einzelnen Geschichte bzw. eines Themas in Buchform. Im Vergleich dazu wurden die typischen Comics in Fortsetzung als Serie in Dauerschleife und unter Zeitdruck publiziert. Diese grafischen Geschichten sind daher auch viel detailreicher gestaltet und lassen mehr Raum und Zeit für den künstlerischen Ausdruck und Stil. Gleichzeitig sind die Themen weit umfangreicher und literarisch relevant.

 

Gerade im französisch sprachigen Europa haben gezeichnete Bildgeschichten eine lange Tradition und werden dort als Kunstform anerkannt und geschätzt.

Bereits im 19. Jahrhundert schuf Gustave Doré als Illustrator über tausend Druckgrafiken, darunter auch bildgewaltige Darstellungen der Bibelgeschichte, Bilder zu literarischen Werken, Karikaturen und erste Comics.

1905 erschien in einer Mädchenzeitschrift zum ersten Mal die Comicfigur Bécassine, einem Pariser Dienstmädchen aus der Bretagne. Die Figur wurde von Jeanne Josephine Spallarossa geschrieben und von Joseph Pinchon gezeichnet.

1925 folgte Zig et Puce, eine abenteuerliche Geschichte über zwei Jugendliche, die von Alain Saint-Ogan ins Leben gerufen wurde.

 

Der sogenannte „Frankobelgische Comic“ wird in „Alben“, also gebundenen Büchern, veröffentlicht. Dieser hat großen Einfluss auf die Bevölkerung, und prägte den Zeichenstil der darauffolgenden Generationen.

 

Was das Zielpublikum betrifft, hat hier mit der Zeit eine Weiterentwicklung stattgefunden. Wie bei den japanischen Mangas gibt es heute bei den Comics keine Altersgrenze mehr. Ganz im Gegenteil! Es werden Themen aufgegriffen, welche Erwachsene, Kinder, Jugendliche oder Pensionisten, Frauen oder Männer interessieren. Für jeden Geschmack und jeden Typ gibt es ein spezifisches Angebot!

 

Trotz der allgemeinen Krise im Printsektor scheint in dieser Szene noch nichts davon angekommen zu sein. Ein kleines leichtes Comicheft hat immer Platz und der Erwerb der Bücher ist bei Interessierten und Sammlern keine Platzverschwendung, sondern Leidenschaft und manchmal auch Wertanlage.

Ich hoffe, dass auch die KI keine Kratzer in der Branche hinterlassen wird, denn natürlich ist es auch heute schon möglich einen Comic automatisch regenerieren zu lassen.

 

Dieses erste und einzige Comicbuch der Künstlerin mit dem Handlungsspielraum innerhalb von Tirol dreht sich um die Suche nach einem Monster, genauer gesagt dem „Tatzlwurm„. Das alpenländische Fabelwesen liefert den Stoff für diese Geschichte nach dem Motto „Der Weg ist das Ziel“.

Das Buch bietet somit eine gute Mischung aus Fantasie, Spannung und einer Prise historischem Hintergrund.

 

 

   

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Die Künstlerin ist Mitglied beim Autorenkollektiv und Vereinsverlag „L`oeuf“ in Rennes und war hauptsächlich für drei Verlage in Frankreich tätig. Viele ihrer Bücher sind nur in französischer Sprache erhältlich. Dort kann man diese in Bücherläden und Comicstores erstehen. In Österreich muss man hierfür zur Onlinebestellung greifen.

 

Bettina Egger kehrte nach Tirol zurück und absolvierte 2015 – 2018 ihr Doktoratsstudium am Mozarteum in Salzburg (Institut für Wissenschaft und Kunst). Sie schrieb ihre Dissertation zu dem Thema

Erinnerung & Comics – Oral History im Werk von Emmanuel Guibert

 

Dabei wird eine Technik thematisiert, welche der bekannte Comickünstler in seinen biographischen Werken auf der Grundlage von persönlichen Gesprächen mit der handelnden Person zur Anwendung bringt.

Hier eine genauere Einleitung zu dieser im Handel erhältlichen Graphik Novel:

 

Bettina Julia Egger: Comic und Erinnerung. Oral History im Werk von Emmanuel Guibert – Wissenschaft und Kunst (sbg.ac.at)

 

 

   

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Seit einiger Zeit pendelt die Innsbruckerin an drei Tagen in der Woche nach Salzburg ins Mozarteum und unterrichtet dort die Studentinnen zu Themen rund um die Comic Kunst. Eine gute Mischung aus Theorie und Praxis zeichnen ihre Seminare aus.

 

 

Ihre Comicbücher entstehen durch den Einsatz von viel Leidenschaft und Zeit. Im Durchschnitt dauert es ein ganzes Jahr von der Idee zum fertigen Buch.

 

Jede Künstlerin arbeitet nach einem individuellen System. Die Tirolerin braucht für den Anfang einer Geschichte immer nur einen groben Faden pro Kapitel, um sich dann Seite für Seite vorzuarbeiten.

Bettina Eggers Bücher sind fast immer Einzelprojekte ohne Fortsetzung. Sie hat kein Problem damit das Ende einer Geschichte festzulegen und freut sich dann auch auf eine komplett neue Aufgabe.

Die Themen ihrer Werke reichen von Reiseberichten zu Biografien und fantasievollen Geschichten mit einem Quäntchen realem Hintergrund. Sie würde ihre Bücher unter dem Begriff „semirealistisch“ einordnen. Besonders wegen der verschiedenen Wimmelbücher ist den Tiroler Familien Bettina Egger ein Begriff.

 

Ich möchte euch hier weitere Einblicke zu den bisherigen Werken geben. Starten wir mit ihrem Lieblingsbuch:

 

Transsibérien ist ein Reisebericht über die Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn von Paris nach Moskaus und weiter nach Wladiwostok und den vielen Geschichten, welche Bettina und ihre Freundin während dieser Fahrt erlebt haben und ihnen von Mitreisenden in dieser Zeit erzählt wurden. Neben der eigentlichen Fahrt runden die in Schwarz-Weiß gehaltenen Erinnerungen und historischen Fakten sowie die Umgebungsskizzen und Momentaufnahmen im Tagebuchstil das Erlebnis ab und schaffen es die Leserinnen so abzuholen, als wäre man mit dabei gewesen.

 

 

      

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Dieses Buch ist aktuell nur auf Französisch erhältlich. Ich hoffe, dass dieses Werk in Zukunft auch in Deutsch oder Englisch erscheint!

 

 

Bei dem Buch Aramus handelt es sich um einen Bericht über archäologische Ausgrabungen. Bettina reiste hier als Begleitung eines Teams von Archäologen nach Aramus in Armenien und berichtet über das Leben vor Ort und die Entdeckungen, welche hierbei gemacht wurden, sowie die geschichtlichen Hintergründe der Region.

 

 

   

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Also doppelt spannend und gerade für Geschichtsinteressierte eine besondere Lektüre!

 

 

Das kleine Büchlein Tinte & Tee zeichnet die feinen Züge einer Fabel, in der sich eine Füchsin im alten China mit ihren Selbstzweifeln auseinandersetzt.

Dabei handelt es sich um das Heft 36 der Automatenobjekte in der Kabinettpassage für Comics und Artverwandtes im Museumsquartier Wien.

Automatenhefte – KABINETT  MQ Wien

 

 

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Gemeinsam mit Maria Kittler entwickelte Bettina zwei Wimmelbücher, in welchen die Kulissen aus regionalen Sehenswürdigkeiten und Szenerien bestehen. Das Tirol-Wimmelbuch und das Innsbruck-Wimmelbuch wurden vom Verlag der Wagnerschen Universitätsbuchhandlung herausgegeben und erfreuen sich großer Beliebtheit.

 

 

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Auch das Wimmelbuch „Rotes Kreuz Innsbruck“ wurde von der Tiroler Comiczeichnerin gestaltet.

 

 

„Wildes Moskau, auf den Spuren des Meisters und Margarita“

Das Comicbuch ist dem russischen Autor M. A. Bulgakov und seinem Schlüsselroman „Meister und Margarita“ gewidmet. Diese biographische Reportage gibt dem Leser einen Einblick in Bulgakovs Leben und die Entstehung seines Romans zu einer entscheidenden Zeit in der Sowjetunion.

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Bettina Egger definiert Kunst folgendermaßen:

 

„Kunst ist es, einen anderen Blick auf die Dinge zu werfen. Sie ist zweckbefreit von den Regeln der Effizienz und Nützlichkeit.“

 

 

Der Definition des US-amerikanischen Comic-Künstlers Scott McCloud zufolge erzählen Comics eine Geschichte in aufeinanderfolgenden (und aufeinander aufbauenden) Bildern – es handelt sich um sogenanntesequenzielle Kunst.16.03.2015

 

 

Das Zeichnen der Comics setzt keine besonders aufwendige Ausrüstung voraus und ist meist sehr individuell. Viele Künstler arbeiten bereits am Computer bzw. am Tablet, aber Bettina Egger arbeitet ganz Old School mit Feder und schwarzer Tinte. Man braucht viel Geduld, um die feinen schwarzen Linien zu ziehen und erlangt mit viel Übung ein ausgeprägtes handwerkliches Geschick und eine ruhige Hand. Später werden die Seiten von ihr eingescannt und bei Bedarf digital coloriert.

 

 

   

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Tipps und Angaben zu Ausbildungsmöglichkeiten und Kursen, um selbst den Weg einer Comickünstlerin einzuschlagen, habe ich hier zusammengestellt:

 

    1. Es gibt immer wieder Kurse an der Volkshochschule zum Thema Comics (aktuell in Tirol leider nicht)
    2. In Wien gibt es das „Tisch 14 – Treffen“ Hier kommen regelmäßig Comickünstler zusammen, um sich auszutauschen. Einige Beiträge der Mitglieder werden jährlich in einem Magazin publiziert.  TISCH14 
    3. kunstschule.wien
    4. Zeichenfabrik Wien
    5. WEISSRAUM. Designforum Tirol

 

 

 

Hier noch ein link zur Berufsinformation mit Angaben zu möglichen Ausbildungen und der genauen Beschreibung des Berufsbildes:

BIC.at – Trickfilmzeichner*in / Comic Zeichner*in

 

 

Im Rahmen des Kulturservice Tirol gibt es ebenfalls die Möglichkeit für Schulklassen die Feinheiten und Techniker zum Thema Comic in Form eines Workshops zu erlernen. KULTURSERVICE | Bildungsdirektion für Tirol

Diese werden direkt von den Lehrern ausgewählt und gebucht.

Auch Bettina Egger hat bereits solche Kurse in Schulen abgehalten.

 

 

Beliebt sind weiters auch Messen zum Thema Comic, Manga, Anime & Co:

 

  • Das Zentrum der Comicszene in Österreich ist definitiv Wien!  Vienna COMIX

 

  • In Linz gibt es jedes Jahr das Nextcomic Festival, bei dem auch Bettina bereits 2009 eine Auszeichnung erhalten hat.  nextcomic-Festival

 

 

Viele von euch hatten sicher bereits in ihrer Kindheit den ersten Kontakt mit Comics und hat dich einmal das Fieber gepackt…

 

Schreibt mir Kommentare und lasst uns an euren Erfahrungen teilhaben!

Ich kann mich zum Beispiel an die wunderbaren Bücher von Lurchis Abenteuerdas lustige Salamanderbuch erinnern, welche mein kleiner Bruder und ich geliebt haben.

 

Am Schluss noch ein link zu einem besonders guter Artikel:

Comics – Kunst oder nicht? Zwischen Literatur & Kunst (zimmermann-heitmann.de)

 

Und die Website der Künstlerin zum Reinschauen:

https://bettinaegger.wixsite.com/bettinaegger

 

 

 

Der Text und die Fotos in diesem Beitrag sind urheberrechtlich geschützt und stammen von Claudia J.A. Lechner (©cjas)


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