das Kennenlernen
Am 19. September 2024 war es soweit.
Ich durfte die Künstlerin Jutta Katharina Kiechl in Ihrem Zuhause und Atelier in Thaur besuchen, Eindrücke aus ihrer Welt mitnehmen und mich mit den Themen, welche sie beschäftigen auseinandersetzen.
Ein wunderbarer liebevoll gestalteter Garten, ein lichtdurchflutetes Atelier mit Bildern voller Harmonie und Strahlkraft, ein gemeinsamer Spaziergang und eine inspirierende Unterhaltung haben wir nun gemeinsam. Ich habe mir Zeit genommen um ihre Texte in Ruhe zu lesen und die Bilder immer wieder zu betrachten, um noch weiter in Juttas Schaffen einzutauchen und hoffe mit diesem ersten Beitrag einen guten Einstieg gefunden zu haben.
zur Person
Jutta K. Kiechl wurde 1957 in Hall geboren. Mit 31 Jahren begann sie ihr Studium an der Münchner Akademie der Bildenden Künste und arbeitet seither daran ihre Fähigkeiten weiter zu entwickeln und ihre Talente mit ihrer Umwelt zu teilen. Das Leben besteht aus Höhen und Tiefen und ich bin mir sicher, dass die Kunst unser Dasein auf eine positive Art und Weise beeinflussen kann. Auch unsere Mitmenschen können diese Rolle für einen Teil unseres Lebens übernehmen. So war für Jutta über 20 Jahre lang der Künstler Wilfried Kirschl bis zu seinem Ableben ein ständiger Begleiter ihres Lebens und Schaffens.
Wir haben uns von Anfang an gut verstanden und ich respektiere den Wunsch nicht zu viel persönliche Informationen zur Künstlerin niederzuschreiben, sondern auf die „Geschichten“, welche zu den Kunstwerken führten, einzugehen. Diese sagen viel darüber aus, welches Feingefühl und Gespür notwendig ist, um zu so einem Ausdruck und einer Tiefe zu gelangen.
Die Bilder, Wandgemälde, Glasarbeiten und Texte, meist mit sakralem Hintergrund, geben immer eine Geschichte wieder, welche auf persönlichen Begegnungen, Erlebnissen, der Kontaktaufnahme zu der dargestellten Person und deren Rückmeldung basiert.
Geschichten
Doch wie kann sich zum Beispiel eine heilig gesprochene Frau aus dem 13. Jahrhundert zurück melden?
In dieser Erzählung lernte ich Notburga kennen.
Eine Dienstmagd aus Rattenberg, welche aufgrund ihres frommen Lebens und des Ereignen mehrerer Wunder, wie der am Himmel schwebenden Sichel, als einzige Tirolerin heilig gesprochen wurde.
Ein Portrait einer Person kann erst dann Wahrhaftigkeit ausstrahlen, wenn der Künstler die Person näher kennen lernt und nicht nur das Äußere, sondern auch die Seele mit einfängt.
Künstler, wie zum Beispiel Oskar Kokoschka, welche die Fähigkeit besaßen in Ihren Portraits die Aura einer Person widerzugeben, bewiesen hierfür eine besondere Gabe.
Der Auftrag, einen Bilderzyklus zu dieser, in der Bauernschaft hochverehrten Persönlichkeit, zu schaffen, ergab sich wie alles andere aus dem Moment des Zufalls.
Eben am Achensee
An dem Ort, wo das Leben der Notburga ihren Abschluss fand, begann der Kontakt zu Ihr.
Bei einem Schiffsausflug am Achensee mit ihrem Hund Fly kam es beim Verlassen des Schiffs dazu, dass ihr tierischer Gefährte aufgrund der Angst vor einem am Himmel auftauchenden Paraglider in eine Angststarre verfiel.
Dieser Zustand besserte sich erst, nachdem sie Fly per Taxi in ein Gebiet transportierte, wo kein Flugkörper mehr zu sehen war. Plötzlich war alles wieder gut.
Bei einem anschließenden Spaziergang durch Eben wurde Jutta Kiechl von der Ordensschwester Konstantia angesprochen, welche sich als Liebhaberin ihrer Kunst entpuppte.
Diese freute sich über den Zufall, lud sie gleich auf einen Besuch ein und erzählte ihr von der Heiligen Notburga und dem Wunsch sie möge eines Tages eine Bilderreihe über die Tiroler Volksheilige gestalten.
zu Beginn
Was auf diese Weise begann entwickelte sich Schritt für Schritt weiter.
Das sammeln von Informationen geschah nie aktiv.
Mit einem offenen Herzen und Bewusstsein ließ Jutta die Eindrücke auf sich zukommen.
„Mit Reden kommen die Leute zusammen“ So könnte man die darauf folgende Begebenheit betiteln, bei welcher der Künstlerin bei einer Führung der Kontakt zu einer 90 Jahre alten Bäuerin aus Bayern geknüpft wurde.
Kreszenz Schützeneder schrieb Briefe.
In diesen teilte sie der Künstlerin mit, wie das Leben zu früheren Zeiten auf dem Land und innerhalb der Gemeinschaft eines Bauernhofes ablief. Die harte Arbeit war Alltag und der Glaube, gerade in schwierigen Zeiten, eine besondere Verbindung zu einer höheren Macht, wenn Menschenhand nichts mehr ausrichten konnte.
Als Dank für den Rückhalt und das offene Ohr waren Gebete und das Einhalten der kirchlichen Traditionen ein ständiger Begleiter. Jeder konnte seine persönliche Ansprache halten und gerade die Heilige Notburga war als Frau mit dem selben bäuerlichen Hintergrund ein Vorbild, gute Freundin und Zuhörerin für all die Sorgen und Freuden der weiblichen Anhängerschaft.
Frau Schützeneder erzählte von der beschwerlichen Arbeit, den alltäglichen Schmerzen und Leiden und gleichzeitig von der Schönheit des einfachen Lebens mit der Natur.
Notburga half den Menschen, welche sich nicht selbst helfen konnten. Ein starker Wille die christlichen Werte der Barmherzigkeit und die persönlichen Rechte der hart arbeiteten Bevölkerung hochzuhalten begleiteten sie ein Leben lang.
Werte, die auch heute nicht an Aktualität verloren haben. In einer Zeit, in welcher wirtschaftliche Aspekte oft über alles gestellt werden und die Vielzahl an Einflüssen die Sicht auf das wichtige im Leben verschleiern, sind viele Menschen auf der Suche nach der verloren gegangenen Menschlichkeit.
Eine Königskerze wurde für Jutta Kiechl zum Symbol der Heiligen, da diese Pflanze auf den kargsten Böden gedeiht und sich mit ihren strahlenden Blüten in Richtung Himmel streckt.
Durch diese vielen kleinen Bezüge zum Leben einer Magd und der direkten Ansprache, wie es so viele Menschen vor ihr bereits in Form von Gebeten hielten, entstand eine ganz besondere Verbindung zueinander.
In diesem Fall wurde die Heilige zur Unterstützerin um Bilder mit besonderer Strahlkraft und Wahrhaftigkeit entstehen zu lassen.
Als Betrachterin spüre ich in all ihren Bildern eine Energie, welche in mir die unterschiedlichsten Gefühle auslöst. Wie bei einem besonders guten Essen würde ich behaupten, die Bilder wurden mit Liebe gemacht.
Das Leben und Schaffen einer Tiroler Magd und deren wundersame Erfahrungen wurden durch die Bevölkerung Jahrhunderte lang am Leben erhalten bis die „Volksheilige“ dann 1862 vom Papst heilig gesprochen wurde. Ein Wallfahrtskirche und ein Museum in Eben am Achensee sowie eine Kapelle zur Burgruine Rottenburg erinnern heute vor Ort an ihre Geschichte.
Ergebnis
Die 30 Bilder, welche zu diesem Hintergrund entstanden, vermitteln uns nicht nur die wichtigsten Stationen und Ereignisse im Leben der Notburga, sondern spiegeln auch das einfache Leben, die Jahreszeiten und das Umfeld in Form von Arbeit, Armut, Nächstenhilfe und der universellen Schönheit der Natur wider. So gelingt es dem Betrachter sich ebenfalls in ihr Leben hinein zu versetzen.
Der Bildband unter dem Titel „Notburga“ mit den Gemälden von Jutta Katharina Kiechl wurde 2013 zum 700sten Todestag der Heiligen herausgegeben.
Familie
Genauso wie ihre Bilderwelten hat mich ihr Buch „Graugasse und Paradies“ berührt. In „Die Geschichte der Lena Daut“ gibt die Künstlerin tiefe Einblicke in ihre Familiengeschichte preis und erzählt vom Leben ihrer Tante, welche wegen einer Erkrankung als Kleinkind in Ihrer Entwicklung eingeschränkt war und ihr Umfeld auf ganz besondere Art und Weise mit viel Liebe verband.
Der Erlös dieses Buches kommt den Archegemeinschaften in Österreich und Deutschland zugute.
Viele weitere Geschichten warten darauf erzählt zu werden.
Dies, so hoffe ich, ist nur ein Anfang…
Aktuell findet eine umfangreiche Ausstellung im Rabalderhaus in Schwaz statt.
Bis 22.12 könnt ihr euch persönlich von der Strahlkraft ihrer Werke ein Bild machen!
Die Texte in diesem Beitrag sind urheberrechtlich geschützt und stammen von Claudia J.A. Lechner. Die Beitragsbilder sind urheberrechtlich geschützt und wurden von Jutta Katherina Kiechl zu Verfügung gestellt.
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