„Der Brenner“ (1910-1954) veröffentlichte 1910 folgendes Gedicht von Lorenz Luguber (Pseudonym von Ludwig von Ficker), dem Begründer der Tiroler Zeitschrift.
Onlinearchiv Der Brenner zum nachlesen
Vigilie
Ach, dies ward mir längst zur Bein
und ich weiß es wie den Tod:
Nie mehr wirst du in meinem Leben sein!
Geliebte du! dein Bild von Fleisch und Bein
verblich mir einst im Schatten meiner Träume.
Ich aber denk: du lebst noch irgendwo
ein Leben tief und hoh wie das der Bäume.
Blutbuchen gleich, die nord`schem Strand entragen
und ehern deiner Heimat herben Himmel tragen,
lauschst du entrückt des Meeres dunklem Sang
von hellen Segeln, die der Sturm bezwang.
War ich der Sturm, warst du die Melodie,
die seinen Schwingen willig sich vertraut.
Hast du auf mich, hab ich auf dich gebaut?
Wir trugen uns. Wir frugen nie.
Du hast das Lachen nicht gekonnt und nicht die Last
verbuhlter Tränen mir ans Herz gelegt.
Ich war in dir, du warst in mir zu Gast –
nie hat ein tiefer Ding die Welt bewegt …
Nun glühn beseelter Sonne, Mond und Sterne
zu Häupten uns … Doch aller Glanz der Welt
hüllt mich in Einsamkeit und dich in Ferne.
Vielleicht, mein Baum, an lichtverschneiter Küste
schaust du verträumt der Wolken blinde Flucht.
Ich aber ward zur Stimme in der Wüste,
die dich sucht – die dich sucht – !
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